Auf direktem Weg zum Bauführer
Für die schulische Bildung besuchen lernende Abdichterinnen und Abdichter viermal pro Jahr während zweier Wochen die Polybauschule in St. Gallen. Im ersten Lehrjahr fand der Unterricht zusammen mit den Fassadenbauern und Storenmonteuren statt, anschliessend waren sie unter sich. Riccio kannte diesen Beruf vorher nicht und kam durch einen Kollegen auf den Geschmack. Nach dem Lehrabschluss möchte er die Rekrutenschule absolvieren und sich anschliessend zum Vorarbeiter und dann zum Projektleiter weiterbilden. Die angestrebte Karriere soll jedoch nicht in einem Bürojob enden. «Ich stelle mir eine gute Abwechslung zwischen Büroarbeit und Baustelle vor.»
Dieser motivierte junge Mann weiss, was er will. «Ja, er ist ein Glücksfall. Kommt hinzu, dass er sehr gut in der Schule ist. Deswegen haben wir ihm angeboten, noch eine Lehre zu absolvieren, um den Meister zu machen. Momentan hat er noch kein Interesse daran, aber er geht seinen Weg», sagt sein Lehrmeister Jörn Grundmann, Bauführer bei Tecton. «Er gehört einer der nächsten Generationen an, die bei uns oben im Büro als Bauführer arbeiten », ist er überzeugt. Bei TECTON gebe es einige ehemalige Lehrlinge, die heute als Geschäftsführer arbeiten. «Wir haben die Grösse, um diese Aufstiegsmöglichkeiten zu bieten.»
Nicht normal dieser Job
Doch nicht mit allen läuft es so rund. «Wir hatten schon Lehrlinge, welche die EBA, also die einfachere Ausbildung, absolvierten und gerade so durchkamen. Wenn es hapert, dann ist es meistens schulisch. Draussen in der Anwendung sind sie alle gut, wenn sie sich an die körperliche Arbeit gewöhnt haben», so Grundmann. Heute müsse man sich anstrengen, um Lehrlinge zu finden, weil es immer weniger Jugendliche gibt, die sich für einen Handwerksberuf entscheiden. Riccios Kollegen reagierten entsprechend. «Sie sagten: ‹Du bist nicht normal, dass du das machst.› Die könnten sich einen solchen Beruf nicht vorstellen. » Wem würde er diese Lehre empfehlen? «Man braucht schon Kraft und Ausdauer, denn es ist eine recht anstrengende Arbeit.» Sagt es und greift zum Brenner, um mit dem Schweissen fortzufahren.
Dieser Artikel ist im Tagesanzeiger vom 8. Mai 2020 erschienen.